NRZ Interview Düsseldorf – ein Jahr Occupy

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Gut zwei Monate nach der Räumung des Camps am Martin-Luther-Platz kündigt Aktivistin Anabel Jujol neue Aktionen an.

Stadtmitte..  Anabel Jujol war dabei, als die Aktivisten am 13. Oktober 2011 ihr Lager am Martin-Luther-Platz aufschlugen. Sie war auch dabei, als es am 1. August 2012, also vor gut zwei Monaten, von der Polizei geräumt wurde. Die 45-Jährige, die die erste Occupy-Demonstration in Düsseldorf mit 3500 Teilnehmern über Facebook-Aufrufe organisierte und nach wie vor den Internet-Aufritt von Occupy Düsseldorf betreut, ist heute NRW-weite Repräsentantin der Bewegung. Jujol lebt als Künstlerin vergleichsweise bürgerlich, ihr Geld verdient sie als Softwaretrainerin. „Ich war früher bei einer Unternehmensberatung tätig, dann bin ich in die Kunstszene ausgestiegen“, sagt die gebürtige Essenerin. Aber selbst das habe ihr irgendwann nicht mehr gereicht. „Ich habe oft Schmerzen, in diesem System zu sein“, sagt sie. „Also muss ich mithelfen, das System zu verändern.“ NRZ-Redakteur Stephan Wappner sprach mit ihr:

Vor zwei Monaten wurde das Occupy-Camp in Düsseldorf geräumt. Ist die Bewegung in der Stadt damit nicht mehr existent?

Anabel Jujol: „Ein klares Nein. Die Bewegung ist in Düsseldorf sogar gewachsen. Es fehlt lediglich etwas für die Bevölkerung Sichtbares. Das Camp hatte eine gewisse Symbolik, es war auch ein Rückzugsort, und die Räumung hat damals alle traurig gemacht. Aber natürlich stehen alle, die dabei waren, nach wie vor für die hohen Ideale ein. Für Aufklärung, Menschenrechte, Humanismus, Demokratie in allen Lebensbereichen und gegen Machtstrukturen aufgrund von Vermögensverhältnissen. Einige sind zwischenzeitlich in ihr bürgerliches Leben zurück gekehrt, andere sind in anderen Städten unterwegs. Zudem trifft man sich beim Verein ,Niemandsland’ in Oberbilk. Jeden Mittwochabend kommen bis zu 30 Leute zur Diskussion. Also: Die Bewegung lebt.“

Als das Camp Anfang August geräumt worden war, kündigten einige Aktivisten an, notfalls im Untergrund weiter zu machen. Läuft Occupy irgendwann Gefahr, auf die kriminelle Schiene zu schliddern?

„Nein. Das einzige Problem ist, dass die Bewegung sehr genau von der Polizei beobachtet wird, und die Leute fangen dann an, sich subversiv zu fühlen. Sie bekommen also den kriminellen Stempel von außen aufgedrückt. Vor gut einem Monat hatten wir eine harmlose Kreide-Malaktion vor dem Landtag, da hat die Polizei einen furchtbaren Aufstand gemacht. Doch seien Sie ganz sicher: Wir haben Anhänger aus allen Bevölkerungsschichten und allen Altersgruppen, und die sind alle wirklich harmlos, von daher gibt es kein Baader-Meinhof-Potenzial. Das Maximale, was die Leute anrichten, ist Sachbeschädigung durch Graffiti.“

Besitzt Düsseldorf, das gern als Mode- und Einkaufsstadt bezeichnet wird, überhaupt den Nährboden für die große Kapitalismus-Kritik?

„Ja. Gerade Düsseldorf. Denn hier ist der Kontrast viel größer als in anderen Städten, wie etwa Essen. Dort gab es vor kurzer Zeit eine Veranstaltung, während dort der Bürgermeister sagte, Essen solle bis 2030 eine Stadt werden, in der man gerne konsumiert. Solche Sätze nehmen die Leute dort einfach so hin. In Düsseldorf haben wir die Börse nebenan , die Banken und natürlich die Kö, die sinnbildlich ist für Kapitalismus und Konsum. Dann aber gibt’s ein großes Klientel, das sich empört und traurig ist über die Zustände. Nicht ohne Grund ist die Attac-Bewegung in der Stadt sehr groß.“

Was haben die Düsseldorfer denn künftig von Occupy zu erwarten?

„Einiges. Am kommenden Samstag ist der 13. Oktober. Genau vor einem Jahr haben wir am Martin-Luther-Platz das Lager aufgeschlagen. Zum Jahrestag wird es einen „Globalnoise Day“ geben, also einen Tag, an dem wir uns weltweit Gehör verschaffen wollen. Es wird ab 15 Uhr eine Demo vom Hauptbahnhof aus geben. Zudem werden Sonntag und Montag weitere Aktionen – zum Teil nur in Düsseldorf — folgen. Aber da wollen wir noch nicht zuviel verraten.“

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