Sie wollen mitmischen // WAZ Artikel zur Kunstwerkstatt der Diakonie

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Es hat etwas mit Wertschätzung zu tun, wenn man die Bilder, die Menschen mit Behinderung gemalt haben, ordentlich einrahmt, professionell aufhängt und offiziell zur Ausstellung erklärt. Das ist zuletzt in Steele geschehen, im Amtsgericht, „schön schräg“ heißt die Schau mit Bildern von Bewohnern der Häuser des Diakoniewerks. Die Schau ist noch bis Ende September zu sehen, und Anabel Jujol sagt: „Es gibt bereits Konkurrenzen um manche Bilder und Auseinandersetzungen von Interessenten, wer was kaufen darf.“

Anabel Jujol kennt man in Essen als Ex-Linke und Mit-Initiatorin eines Bürgerbegehrens gegen Kürzungen im Kulturbereich in 2013, das Begehren scheiterte an 75 Unterschriften. Die Ratsfrau und Künstlerin leitet das Projekt „Kunstwerkstatt“ des Diakoniewerks. In mehreren Diakoniewerk-Häusern, in denen Menschen mit Behinderungen leben, lädt Jujol regelmäßig die Bewohner zum kreativen Treff ein. „Sie anzuleiten, langsam ihr künstlerisches Repertoire zu erweitern, ist für mich eine interessante Herausforderung“, sagt Jujol, die ihre Arbeit mit Menschen mit Behinderung vor allem künstlerisch verstanden wissen will, nicht unbedingt therapeutisch. Es gibt Menschen mit Behinderung, die malen gegenständlich; Max zum Beispiel, er lebt im Haus Baasstraße in Dellwig, hat an diesem Tag in der „Kunstwerkstatt“ ein Zirkusbild vorbereitet mit dicken, schwarzen Filzstift-Linien, das müsste jetzt nur noch ausgemalt werden, doch dann nimmt seine Sitznachbarin Jutta das Bild und malt einfach dicke, bunte Streifen darüber mit Acrylfarbe. „Jutta malt immer dicke, farbige Streifen“, hat Anabel Jujol beobachtet; viele Menschen mit Behinderung würden stets dasselbe Motiv malen – aus künstlerischer Perspektive, das Motiv der Wiederholung, der Reihung, durchaus interessant. „Diese Arbeit“, sagt die Künstlerin, „ist ganz anders als mit Kindern, denn Kindern lernen sehr früh, wie ein schönes Bild zu sein hat, zum Beispiel ordentlich und gegenständlich.“ Die Bewohner der Diakoniewerk-Häuser hätten da ganz andere, freiere Vorstellungen: „So ist auch Gruppen-Arbeit leichter möglich.“ Dass Jutta jetzt gerade den Entwurf von Max übertüncht, macht Max nämlich nur wenig aus. Zum Glück. Viele der Künstler der Diakoniewerk-Häuser beteiligen sich mit Kunst- und Mitmach-Aktionen an der Fachtagung für Menschen mit und ohne Handicap, die am heutigen Donnerstag in der VHS startet (siehe Text unten). Denn ein künstlerischer Ausdruck ist nichts anderes als: Freiheit.

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